Hilfe auch im Exil

Am 11. August erhielten wir umfassende Informationen über die Lage im Martin-Klub: Der größere Teil der Kinder und Betreuer ist im Exil in Dnjepropetrowsk, eine Betreuerin ist im Kinderdorf nahe Donetzk geblieben.

Ausschnitte aus der eMail der Leiterin des Martin-Klubs:

„Die Lage im Donbass:

Der Konflikt hat sich zu einem wirklichen Krieg entwickelt.

Im Donbass werden schon seit 1 Monat keine Renten und Löhne gezahlt. Die Lebensmittelvorräte der Menschen gehen dem Ende zu, für Medikamente ist kein Geld da.

Ich glaube, bald gibt es eine humanitäre Katastrophe. Die Leute werden nicht evakuiert, einige Städte wie Schachtjorsk sind komplett zu. Schachtjorsk ist zerstört, es gibt kein Wasser und kein Gas. Viele sind umgekommen, aber es gibt keine Stellen, sie zu bestatten.

In Schachtjorsk, Gorlovka, Torez und Sheschny arbeitet nicht eine einzige staatliche Einrichtung – keine Miliz, Bildung, medizinische Betreuung. Einzig die Chirurgen arbeiten noch, hauptsächlich versorgen sie die Kämpfer, die Bevölkerung jedoch nur noch nach dem Prinzip „wenn sie es schaffen“.

 

Hier in Dnjepropetrowsk:

Wir 4 vom Martin-Klub helfen weiterhin Flüchtlingen aus verschiedenen Städten des Donetzker Bereiches. Wir nehmen Anrufe mit Hilfegesuchen entgegen und mit Geldern aus dem Fond für die Entwicklung der Ukraine organisieren wir Autobusse für Evakuierungen. Der Staat nimmt an diesem Prozess in keiner Weise teil. Über uns und unsere hiesigen Partner reisten bisher ungefähr 12 000 Leute aus. Der Anteil von uns Vieren: 30%, ungefähr 3 500 Personen. Das ist blanke Lebensrettung, aber nur sehr wenige können sich danach ein Leben unter menschlichen Bedingungen aufbauen.

Wir packen auch Päckchen mit Lebensmitteln und Medikamenten für Familien mit Kindern und für Alte. Es gibt viele, die sich um Hilfe an uns wenden.

Wir sind mit unserem kleinen Kommando aber einfach nicht in der Lage, allen zu helfen.

Wir schlafen 4 Stunden pro Tag, das schon seit 3 Monaten und sind ziemlich erschöpft.

 

Zu unserem Kinderdorf hier in der Siedlung Petrikivk:

Ilona und Natascha kümmern sich um die Versorgung der Kinder und Mütter.

Wir haben kürzlich 2 Mädchen neu übernommen, Mascha 3 Jahre und Ljuba 1,4 Jahre. Sie wurden in Gorlov in einem Luftschutzbunker gefunden. Ihre Mutter wird vermisst. Wahrscheinlich verwundet oder umgekommen, nur zur Zeit kann man darüber nichts erfahren. Eine Krankenschwester half, die Mädchen aus dem Kriegsbereich zu bringen. Wir übernahmen sie an der Grenze in Krasnoarmeysk. Im Moment sind sie in der Familie von Bekannten.

 

Was das verbliebene Kinderdorf betrifft:

Dort arbeiten inzwischen 2 Betreuerinnen im täglichen Wechsel in 24-Stunden-Schichten. Sie versorgen aktuell 2 Mütter und 5 Kinder.

Außerdem stellen sie Flüchtlingen mit Kindern ein Nachtlager zur Verfügung, wenn diese aus evakuierten Städten nicht weiterkommen und für die Nacht bleiben müssen.

 

Was das Geld betrifft:

Seit Montag hat das Banksystem im Donbass seine Tätigkeit komplett eingestellt. Die Julenka-Spenden sind jetzt aktuell unsere einzige Existenzquelle für die Ernährung im Kinderdorf und für Lebensmittel hier in Ilonas Truppe. 

 

Wir glauben immer noch fest, dass der ganze Wahnsinn aufhört und wir im Herbst wieder zu Hause sind.

Mit herzlichem Gruß von der gesamten Truppe Vika. Wir umarmen euch!“